Die Förderung und Stärkung von Resilienz wird in den letzten Jahren von vielen Unternehmen als wichtiges Angebot für ihre Mitarbeitenden angesehen. Zurecht, denn Resilienz ist ein wichtiger Schutzfaktor gegen Stress-Erkrankungen und Burnout. In der schnelllebigen Arbeitswelt mit immer mehr Stressbelastungen die vielleicht wichtigste Kompetenz der Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts. In diesem Beitrag möchte ich auf die Vorteile von Resilienztrainings, als aber auch auf mögliche Nachteile eingehen und wie damit umgegangen werden kann.
Vorteile von Resilienztraining
Psychische Widerstandskraft ist trainierbar
Lange Zeit galt Resilienz als Eigenschaft, die nur wenige Menschen besaßen. Außergewöhnliche Menschen, die trotz größter Schicksalsschläge und schlimmer Lebenserfahrungen gesund und lebensbejahend blieben. An denen Krisen „abprallen“ (lat. resilire) und aus denen sie sogar gestärkt hervorgehen. Durch intensive Forschung auf dem Gebiet der Salutogenese (Gesunderhaltung) konnte aber herausgefunden werden, dass Resilienz, die sogenannte
psychische Widerstandskraft – die Fähigkeit schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen
zwar zu gewissen Teilen angeboren ist bzw. durch Kindheitserfahrungen entsteht, aber dennoch im Laufe eines Lebens veränderbar und lernbar ist.

Mit einem Resilienztraining lässt sich eine persönliche Standortbestimmung vornehmen
Teilnehmenden wird ermöglicht sich der persönlichen Lebenssituation bewusster zu werden. Dies geschieht durch Anregungen zur Selbstreflexion in geschütztem Rahmen während den Lerneinheiten. Was sind meine Werte und meine Bedürfnisse? Was sind meine Ziele und was möchte ich erreichen? Was fällt mir schwer zu akzeptieren? Womit verbringe ich meine Zeit? Sehe ich mich eher als Opfer der äußeren Umstände oder Gestalter meines Lebens? Um nur einen kleinen Einblick in mögliche Fragestellungen zu geben.

Wenn gewünscht kann die Standortbestimmung darüber hinaus mit einem schriftlichen Resilienztest begleitet werden. Eine Selbsteinschätzung über Fragebogen vor dem Training zeigt auf, in welchen Bereichen die eigene Resilienz bereits hoch eingestuft wird und in welchen noch Handlungsbedarf gesehen wird. Die Wiederholung dieser Selbsteinschätzung in angemessener Zeit nach dem Training zeigt dann ggf. den Vergleich auf.
Ein Resilienztraining ermöglicht einen positiven Perspektivenwechsel
Viele Menschen leben gedanklich viel zu häufig in der Zukunft. Sei es mit dem Antrieb hohe Ziele zu erreichen oder aus Sorge nicht mithalten zu können. Der Blick auf die eigenen Stärken und das schon Erreichte im Leben geht dabei oft verloren. In Resilienztrainings erfolgt ein Perspektivenwechsel. Wie habe ich bisher Herausforderungen und Krisen in meinem Leben bewältigt? Was war mein persönlicher Anteil daran? Welche Haltung und welche Strategien waren dabei hilfreich? Bin ich vielleicht sogar gestärkt aus der Krise herausgekommen?
Mit diesem Wissen über persönliche Stärken, einer passenden Haltung und geeigneter Strategien fällt es leichter bei zukünftigen Herausforderungen auch unter hohen Stressbelastungen gelassener und handlungsfähiger zu bleiben.

Die Beschäftigung mit unterschiedlichen Resilienzfaktoren zeigt vielseitige Ansatzpunkte für die persönliche Entwicklung auf
Bei der Beschäftigung mit verschiedenen Aspekten des Resilienzkonzepts wird deutlich, dass es nicht um ein schwarz-weiß von ausreichender oder nicht-ausreichender Widerstandsfähigkeit geht, auf deren Skala man sich mühsam Punkt für Punkt hocharbeiten muss. Oder womöglich die Vorstellung ausgeprägt ist, dass erneute Krisen dazu führen, dass man wieder von Vorne beginnen muss. Es geht vielmehr darum aufzuzeigen, dass Resilienz ein Konstrukt ist, das viele verschiedene Bestandteile der Persönlichkeit beinhaltet. Diese werden mit Resilienzfaktoren, Resilienzsäulen oder beim Natur-Resilienz-Training metaphorisch mit Resilienzwurzeln bezeichnet.
Die Listen an Faktoren, die resiliente Menschen ausmachen, unterscheiden sich zwar teilweise je nach Forschungsstudie. Werden aber im Rahmen eines Trainings die „üblichen Verdächtigen“ wie beispielsweise Selbstwirksamkeit, Beziehungsfähigkeit, Lösungsdenken oder weitere aus Sicht der Trainer:in für die Teilnehmenden relevante Faktoren angesprochen wird deutlich, dass es viele Ansatzpunkte gibt, um die eigene Widerstandskraft zu entwickeln. Dies können zunächst kleine Schritte der Entwicklung sein. Oft geht es auch um Veränderungen der eigenen Einstellung hin zu mehr Optimismus und Akzeptanz, die im Alltag verankert werden kann.

Durch Resilienztraining kann die eigene Opferhaltung verlassen werden
Jeder von uns kennt es oder erlebt es in seinem beruflichen oder auch privaten Kontext. Wer hat Schuld an der aktuellen Situation? Im Zweifel die anderen. Beobachte einmal bewusst die Zeit, die du oder andere um dich herum damit verbringen sich zu ärgern. Über Dinge, die sie nicht oder nur schwer beeinflussen können. Überlege umgekehrt, worauf habe ich Einfluss, aber stecke zu wenig Energie hinein?
Resilienztrainings bieten eine Vielzahl an Möglichkeiten die eigenen Anteile an positiven Veränderungsprozessen herausarbeiten und die Opferrolle mehr und mehr zu verlassen. Stattdessen ist das Ziel in eine Haltung der positiven Selbstwirksamkeit zu kommen und Herausforderungen des Lebens aktiv zu gestalten.

Entwicklungen der neuen Arbeitswelt oder gesellschaftliche Trends lassen sich in aktuellen Trainingskonzepten berücksichtigen
Dadurch, dass die Resilienzforschung in den letzten Jahren immer mehr Erkenntnisse auf den Gebieten der Salutogenese (Gesunderhaltung) gesammelt hat und auch weiterhin erforscht wird welche äußeren Einflüsse in welcher Form wirken, lassen sich Resilienztrainings entsprechend fundiert aufbauen. So werden beispielsweise die Auswirkungen der Digitalisierung und in jüngster Zeit die Arbeit im Home Office in den Fokus genommen. Neue Trainingskonzepte sollten somit auch das Erlernen von Strategien zur Anpassung an die neue Arbeitswelt integrieren.

Nachteile von Resilienztraining
Entwicklung psychischer Widerstandsfähigkeit benötigt Zeit
Wie bereits aufgezeigt gibt es viele Schutzfaktoren, die helfen mit Krisen und Stress umzugehen. Jeder einzelne Resilienzfaktor ist wiederum vielschichtig und komplex, man denke nur an Empathie oder Selbstwirksamkeit. Viele Faktoren bedürfen daher bereits jeder für sich spezifische Lernkonzepte um wirklich langfristig nachhaltige Wirkung zu erzeugen. Neben den eigentlichen Trainingstagen gibt es idealerweise Aufgaben für das Selbstlernen im Alltag. Nach einer gewissen Zeit eignen sich (kürzere) Trainingseinheiten als Refresher.
Wenn das Training zu theorielastig ist, wird es nicht die gewünschten Effekte erzielen
Um möglichst viele Resilienzfaktoren in den Trainings zu behandeln, kann es passieren, dass der theoretische Input zu viel Raum einnimmt. Die Beschreibung eines Faktors wie beispielsweise Coping (individuelle Bewältigungsstrategie bei Problemen) und dessen Bedeutung im Zusammenhang mit psychischer Widerstandskraft kann mitunter sehr ausführlich werden.
Zur Änderung von Einstellungen und Verhalten ist aber wesentlich mehr notwendig als die Wissensvermittlung. Wie bei allen Trainings nicht-fachlicher Kompetenzen ist der nachhaltige Lernerfolg von der eigenen Erarbeitung von Themen und dem eigenen Erleben bei der Durchführung von Übungen und Methoden abhängig.
Die Nachhaltigkeit des Trainings ist auch abhängig von äußeren Faktoren einer Organisation und von gesellschaftlichen Entwicklungen
Zunächst möchte ich an dieser Stelle noch erwähnen, dass ein Resilienztraining wie jede Maßnahme zur Persönlichkeitsentwicklung keine psychologische Beratung ersetzen kann. Bei Anzeichen von – wenn auch nur vorübergehenden – psychischen Erkrankungen sollte ein Therapeut oder psychologischer Berater herangezogen werden.
Aber auch die Rahmenbedingungen der Organisation oder gesellschaftliche Wertvorstellungen spielen eine nicht unerhebliche Rolle. Handelnde Individuen sind immer in ein System mit gewissen Rahmenbedingungen wie zugeteilte Rollen (z.B. Mitarbeitende eines Unternehmens, Mutter/Vater in einer bestimmten Gesellschaft), geltende Normen und explizit oder implizit vorhandene Wertvorstellungen eingebunden.
Herrscht beispielsweise die Meinung vor, dass ein voller Schreibtisch und Terminkalender das beste Zeichen von Engagement ist oder die Aufrechterhaltung einer „guten“ Work-Life-Balance eine Kompetenz moderner Mütter/Väter zu sein hat, kann das Angebot von Resilienztrainings auch einen negativen Beigeschmack erzeugen. Nämlich dann wenn der Eindruck erweckt wird, dass die Menschen selbst die Schuld haben „ihr Leben nicht in den Griff zu bekommen“ und nicht „alle Bälle in der Luft halten“ zu können. Im Training erarbeitete individuelle Strategien zum Umgang mit Stressbelastungen fehlt es dann unter Umständen am nötigen Raum und der Akzeptanz im bestehenden System.

Fazit: Gute Trainingskonzepte berücksichtigen verschiedene Rahmenbedingungen und individuelle Bedarfe
Die Vorteile von Resilienztrainings überwiegen. Resilienz ist eine sehr bedeutende individuelle Kompetenz im Umgang mit Stress und besonderen Lebensanforderungen. Da die psychische Widerstandsfähigkeit in jedem Alter entwickelbar ist, sind entsprechende Trainingsangebote wichtig und sinnvoll.
Die kritische Auseinandersetzung mit möglichen Nachteilen macht aber auch deutlich, dass Trainingskonzepte an den Bedarf der Zielgruppe und den zeitlichen Rahmen angepasst werden sollten.
Jeder einzelne Resilienzfaktor ist vielschichtig und komplex und bedarf daher spezifischer Lernkonzepte. Zu viel Theorie und zu wenig individuelles Erleben und eigenständiges Erarbeiten führt nicht zu nachhaltigen Lerneffekten. Stehen für das Training begrenzt Tage zur Verfügung (was in vielen Fällen der Fall ist) so lohnt sich der Mut zu einem „weniger ist mehr“ Ansatz. Das bedeutet einzelne Resilienzfaktoren gezielt herauszustellen und sich intensiver damit zu befassen. Weniger Inhalt kann dann zwar nicht die gesamte Bandbreite der Möglichkeiten abdecken, aber auch kleine Effekte auf der Einstellungs- und Verhaltensebene können die Teilnehmenden in ihrem (beruflichen) Alltag unterstützen.
Eine weitere Möglichkeit um eher kurzfristige erste Erfolge zu erzielen ist es bei den individuellen Stärken anzusetzen, um erkennbare und motivierende Schritte hin zu gesteigerter Resilienz zu machen. Das setzt voraus, dass die Trainer:innen flexibel auf die Teilnehmenden eingehen können. Eine weitere Möglichkeit wäre mit einem Grundlagenseminar einzusteigen. Ein modularer Aufbau mit Trainingseinheiten zu speziellen Resilienzfaktoren könnte daran anschließen.
Wichtig sind auch die organisationalen Rahmenbedingungen. Auch wenn externe Trainer:innen keinen direkten Einfluss auf die Rahmenbedingungen haben, so können sie beispielsweise mithilfe einer systemischen Ausbildung oder eigener Praxiserfahrung auf bestimmte Dinge achten was die Teilnehmenden berichten oder eine Reflexion anregen. Ein Tool, das zur Reflexion der Teilnehmenden anregen kann ist beispielweise das Modell der psychologischen Ebenen (Robert Dilts).

Welche weiteren Vorteile oder Nachteile von Resilienztrainings fallen dir ein?
Nimm gerne auch direkt Kontakt mit mir auf wenn du Interesse an meinen Angeboten im Bereich Resilienztraining oder Resilienzcoaching (in der Natur) hast.