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Shinrin Yoku – Ziele und Wirkung von Waldbaden

Seit meiner Ausbildung zur Kursleiterin für Waldbaden und Stressprävention durch Achtsamkeit im Wald werde ich häufiger von Verwandten, Freunden und Bekannten angesprochen was es denn damit auf sich habe. Einige zeigten sich sehr interessiert und meldeten sich direkt für Testkurse meiner ersten eigenen Gruppenkonzepte an. Andere dagegen antworteten dann blieben sie lieber bei ihren bekannten Ausflügen mit ihrer Wandergruppe oder eigenen sportlichen Aktivitäten im Wald. Und das ist selbstverständlich vollkommen in Ordnung. Denn beim Waldbaden gilt die oberste Prämisse „alles kann, nichts muss“.

Aufgrund der interessierten Nachfragen schreibe ich in diesem Artikel über grundsätzlich Wissenswertes zum Thema Waldbaden, über Ziele, Zielgruppen und mögliche Kursformate.

Die Entwicklung von Shinrin Yoku in Deutschland

In Japan zählt Shinrin Yoku bereits seit den 1980er Jahren zur ganzheitlichen Gesundheitsvorsorge und es gibt eine Bandbreite an wissenschaftlichen Untersuchungen zu den Wirkweisen des Waldes auf die menschliche Gesundheit. In Deutschland ist Shinrin Yoku eine noch junge Disziplin und wurde nicht zuletzt durch Literatur wie das Buch ‚Waldbaden- mit der heilenden Kraft der Natur sich selbst neu entdecken‘ von Annette Bernjus/Anna Cavelius (2017) und den vielfältigen Ausbildungsangeboten der Deutschen Akademie für Waldbaden & Gesundheit seit 2018 immer bekannter. Daneben gibt es viele weitere Anbieter und Angebote und Kombinationen mit anderen Disziplinen wie Yoga, progressive Muskelentspannung, Outdoorkursen und vieles mehr, was den Bekanntheitsgrad weiter steigert. Auch wenn ich diese Entwicklungen sehr positiv sehe und auch selbst gerne Synergien für Naturcoachings und Achtsamkeitstrainings nutze, möchte ich mich in diesem Artikel auf das „reine“ Waldbaden fokussieren.

Was ist das Ziel eines Waldbads?

Im Gegensatz zu waldpädagogischen oder naturtherapeutischen Ansätzen geschieht ein Waldbad grundsätzlich absichtslos. Es steht kein Wissenserwerb, Kompetenzerweiterung oder therapeutische Begleitung im Vordergrund und auch keine Heilung von Krankheiten im medizinischen Sinn.

Zielsetzung des ‚Eintauchens in die Atmosphäre es Waldes‘ – wie eine ausführlichere deutsche Übersetzung von Shinrin Yoku lautet – ist es vielmehr die positiven Einflüsse des Waldes auf Geist und Körper auf individuelle Weise zu erleben und dadurch automatisch auch die körperliche und geistige Gesundheit zu stärken.

Aber auch wenn wir als Kursleiter für Waldbaden keine medizinischen Heilversprechen geben, so ist es dennoch erwähnenswert, dass sich im deutschsprachigen Raum auch einiges auf dem umweltmedizinischen Forschungssektor tut, u.a. durch die Bemühungen der bereits genannten Deutschen Akademie für Waldbaden & Gesundheit in Zusammenarbeit mit der Umweltmedizinerin Daniela Haluza.

Ein Kurskonzept der Akademie mit dem Titel ‚Stressprävention durch Achtsamkeit im Wald‘, in das alle dort ausgebildeten Kursleiter im Rahmen der Ausbildung eingewiesen werden, ist mittlerweile bei der Zentralen Prüfstelle Prävention der Krankenkassen als Präventionskurs anerkannt. Auch ein Zeichen dafür, dass die positive gesundheitliche Wirkung von Waldbaden zunehmend anerkannter wird.

Welche positive Wirkungen hat das Eintauchen in die Waldatmosphäre?

Wenn ich von Interessenten für Waldbaden gefragt werde warum ich glaube, dass der Wald so viele positive Wirkungen auf den Menschen hat, dann antworte ich gerne: der Mensch kommt nach Hause. So erkläre ich mir seit ich bewusst darüber nachdenke, weshalb ich mich in natürlichen Settings und vor allem in der besonderen Atmosphäre des Waldes so wohl fühle. Trotz Anpassung an die Modernisierungen der letzten Jahrhunderte, sind wir natürliche Lebewesen, die den Kreisläufen der Natur entsprechen.

Die Umweltmedizinerin Daniela Haluza erklärt dies so:

„Die Liebe zur Natur und zum Wald ist erblich bedingt, wir fühlen uns im Wald deswegen so wohl, weil wir von der Evolution dazu angehalten worden sind Schutz zu suchen. Wenn wir grün sehen fühlen wir uns geborgen.“

Daniela Haluza, medizinische Universität Wien

Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass unser Gehirn im Wald verstärkt Wohlfühlhormone produziert, die unsere Stimmung aufhellen. Der Blutdruck sinkt bei einem Waldaufenthalt, was auf eine Stressreduktion hinweist.

Weitere Wirkweisen des Waldes sind:

  • der Wald schluckt Lärm und kühlt, auch im Sommer herrscht ein angenehmes Klima
  • die Waldluft ist sehr staubarm, was bei (chronischen) Atemwegserkrankungen wohltuend sein kann
  • der federnde Waldboden ist gut bei Gelenk- und Rückenbeschwerden
  • der Wald aktiviert außerdem den Parasympathikus sehr stark, sodass die Stresshormone zurückgehen und Stressbelastungen zurückgehen
  • durch Verringerung der Stresshormone kann auch ein überaktives Immunsystem gebremst werden, was u.a. bei chronischen Entzündungserkrankungen wichtig ist
  • das Immunsystem wird auch durch pflanzliche Terpene (Duftstoffe der Pflanzen, in hoher Konzentration vor allem bei Nadelbäumen) positiv beeinflusst. Das erfolgt vor allem durch den Schutz vor freien Radikalen und der Abtötung von Krankheitserregern
  • Natürliche Killerzellen und Anti-Krebs-Proteine werden vermehrt gebildet

Was sind typische Elemente einer Waldbadeneinheit?

Die 10 Zutaten wie sie in einigen Ratgebern beschrieben werden und die beim Waldbaden mit unterschiedlichen Methoden und Ausprägungen selbst durchgeführt oder von Kursleitern angeleitet werden können lauten wie folgt:

  • Entschleunigen
  • Innehalten
  • Sinne öffnen
  • Staunen
  • Achtsamkeit
  • Meditation
  • Atmen
  • Sanfte Bewegungen
  • Augenentspannung
  • Solozeit

Nicht alle diese ‚Zutaten‘ müssen notwendigerweise während einer einzelnen Waldbadeneinheit durchgeführt werden. Je nach Zielsetzung und zeitlichem Rahmen kann ein Kursleiter:in mit der Gruppe Übungen in Form von Einladungen aussprechen, die die Teilnehmenden ins eigene Erleben bringen und in eine oder mehrere der Einheiten einbauen.

Für mich sind Übungen zur Entschleunigung, zur inneren und äußeren Achtsamkeit, zur Aktivierung verschiedener Sinne und auch Solozeiten ein fester Bestandteil meiner Kurseinheiten. Je nach Thema und Zielgruppe variiere ich die Einheiten und gebe Impulse für die eigene Anwendung oder den Transfer in den Alltag mit.

Für wen eignet sich Shinrin Yoku/ Waldbaden und welche unterschiedlichen Formate gibt es?

Grundsätzlich eignet sich Waldbaden für jeden, der keine gesundheitlichen Einschränkungen hat, die dem Waldbad entgegenstehen. Eine gewisse Trittsicherheit auf dem Waldboden ist notwendig, aber dadurch, dass keine längeren Strecken zurückgelegt werden, beim Gehen eher ein Schlendertempo vorherrscht und häufig Übungen im Stehen oder Sitzen gemacht werden, kommt man dabei auch nicht außer Atem.

Die Formate reichen von ‚Waldbaden to Go‘ z.B. als Angebot für die Mittagspause, über 8×90 minütige Einheiten als Präventionskurs nach den Richtlinien der Zentralen Prüfstelle Prävention der Krankenkassen, eher mittellangen Einheiten von circa 3 Stunden für ein einmaliges oder alle paar Monate wiederkehrendes Erleben für Einsteiger und Fortgeschrittene, bis hin zu ganztägigen oder mehrtägigen Einheiten für Fortgeschrittene oder bei Waldretreats.

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Ganzheitliche Karriere- und Resilienz-Coach, Schatzgräberin im inneren Reich der Potenziale und Mutmacherin in der Veränderung.
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